Aktionsfoto mit Bannern "Oben bleiben"

Aktiv gegen Tunnel- und Autobahnbau!

Die Kölner ROBIN WOOD-Gruppe stellt ihre Arbeit vor

02. August 2024
Mobilität
Wald
Von Irmgard Kahl und Julia Klinger
Aktive der Regionalgruppe Köln
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Kölner ROBIN WOOD-Aktive treffen sich mit der Verkehrsreferentin, um das weitere "Oben bleiben!" zu besprechen und Pläne für eine Bessere Mobilität für Alle zu schmieden
Foto: ROBIN WOOD
Blog

Köln – aktuell eine Hochburg der Auseinandersetzung um die Zukunft der Mobilität. Die Regionalgruppe von ROBIN WOOD mischt vor Ort mit und berichtet hier, welche Themen gerade oben auf liegen. Denn es gilt, ein Prestigeprojekt zu verhindern und an anderer Stelle einen Wald zu erhalten!

...Und solltest du beim Lesen Interesse bekommen, dich auch zu engagieren, schreib einfach eine Mail an koeln@robinwood.de. Die Kölner*innen freuen sich immer über Zuwachs!

Gegen klimaschädliche Prestigeprojekte!

Ein sehr wichtiges Thema der nächsten Jahre ist die Diskussion um einen Tunnelbau unter der Kölner Innenstadt für die Stadtbahnlinien 1, 7 und 9. Die Linie 1 ist chronisch überlastet und in den Stoßzeiten oft überfüllt. Es kommt zu Verspätungen und die Fahrtzeiten verlängert sich noch zusätzlich durch den Autoverkehr und die vielen oberirdischen Ampeln und Kreuzungen. Die Hoffnung: Durch den Bau dieser Ost-West-Achse würde der Verkehr entlastet – doch eine Ausweitung de ÖPNV-Kapazitäten ist gar kein Teil des unterirdischen Großprojekts! Trotzdem: Die Stadt Köln wünscht sich eine vermeintliche Aufwertung des Neumarkts und Heumarkts ohne die oberirdische Straßenbahnhaltestelle.

Dieser Tunnelneubau würde voraussichtlich bis mindestens 2040 dauern und immer wieder Teile der Innenstadt durchschneiden. Pro Kilometer werden dabei etwa 100.000 Tonnen C02 emittiert. Befürchtet werden außerdem drastische Baukosten von etwa einer Milliarde Euro, ein oft nicht barrierefreier Zugang zur unterirdischen Haltestelle und nur vier Minuten Zeitersparnis auf dieser Strecke. Eine oberirdische Taktverdichtung wäre wesentlich günstiger und schneller zu erreichen.

Auch in anderen deutschen Großstädten sind Prestigeprojekte in Planung sowie im Bau, die extrem klimaschädlich sind und kaum Verbesserungen für den ÖPNV mit sich bringen. Statt die Stadtrandgebiete besser an das Nahverkehrsnetz anzuschließen, werden Milliardenprojekte in den Stadtzentren verwirklicht.

Unter dem Motto "Oben bleiben" engagiert sich ein breites Bündnis aus verschiedenen Verbänden - so auch ROBIN WOOD -  unter dem Namen Bündnis Verkehrswende Köln gegen den Tunnelbau. In der Metropole ist aktuell eine knappe Mehrheit der Politiker für den Tunnelbau, allen voran die Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Doch das Bündnis kämpft weiter: Es sind Proteste, Diskussionsrunden und eventuell auch rechtliche Schritte gegen das Projekt geplant. Die Entscheidung über das Tunnelbauprojekt steht voraussichtlich im Oktober im Rat der Stadt Köln an. Hoffentlich können Proteste und Petitionen noch ein Umdenken der Entscheidungsträger bewirken!

Gegen den Ausbau von Autobahnen – Grembi bleibt!

Die A4 soll im Rahmen des aktuellen Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030, der Rahmenplan für die Verkehrsinfrastruktur auf Bundesebene, zwischen den Autobahnkreuzen Köln-Süd und Köln-Gremberg von 6 auf 8 Fahrspuren erweitert werden. Der aktuelle Plan sieht zum Einen den Abriss der intakten und denkmalgeschützten Rodenkirchener Brücke und den Neubau einer wieder hauptsächlich dem Autobahnverkehr dienenden Brücke, also ohne Inklusion des Schienenverkehrs, vor. Zum anderen sind sowohl Wasserschutz- als auch Naherholungsgebiete gefährdet, darunter auch der älteste Naturwald Kölns – das Gremberger Wäldchen.

Während sich die 2021 im Kölner Stadtteil Poll gegründete Bürger*innen-Initiative A4minus gegen den gesamten Ausbauplan zwischen den beiden Autobahnkreuzen stellt, hat sich nun im Frühjahr 2024 ein Bündnis aus Einzelpersonen zusammengefunden, um mit der Initiative „Gremberger Wäldchen bleibt“ insbesondere diesen wertvollen Natur- und Lebensraum vor dem Ausbau zu schützen. Darin engagieren sich auch Aktive der ROBIN WOOD Regionalgruppe Köln.

Ein Wäldchen mit Geschichte

Das Gremberger Wäldchen stellt einen der wenigen ursprünglichen Waldbestände im Kölner Stadtgebiet dar. Die Stadt Köln erwarb das etwa 72 Hektar große Areal im Jahr 1899 und zwei Jahre später folgte eine umfassende Umgestaltung und Aufforstung des Geländes. Dabei wurden verschiedene Nadelgehölze wie Lärchen, Kiefern, Fichten und Tannen angepflanzt, um den Bestand zu diversifizieren. Die Attraktivität des Wäldchens als Naherholungsgebiet stieg mit der Anlage eines Wegenetzes und dem Bau eines neuen Forsthauses im Jahr 1912. In der Folge entwickelte es sich zu einem beliebten Ausflugsziel für die Kölner Bevölkerung. Der vermutlich älteste Baum Kölns, eine Rotbuche aus den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts, steht hier.

Neben dem prachtvollen Baumbestand bietet das Gremberger Wäldchen ein Refugium für verschiedene gefährdete Tierarten. Zu den bemerkenswerten Bewohnern zählen der seltene Gartenschläfer sowie diverse Fledermausarten, die hier Schutz und Lebensraum finden. Über seine Rolle als Biotop hinaus erfüllt das Wäldchen eine entscheidende klimatische Funktion. In einer Umgebung, die von hoher Bodenversiegelung geprägt ist, trägt es maßgeblich zur Regulierung des lokalen Mikroklimas bei. Es fungiert als grüne Lunge, die Temperaturextreme mildert, Luftfeuchtigkeit speichert und die Luftqualität verbessert - ein wertvoller ökologischer Ausgleich in der urban geprägten Landschaft und dringend benötigt um die Folgen der Klimakatastrophe abzumildern. Hinzu kommt die Lage in einem sozial benachteiligten Kölner Gebiet und bekanntermaßen sind Bewohner*innen solcher Gebiete stärker von den Folgen betroffen.

Anfang der 1970er Jahre erfuhr das Waldgebiet durch den Ausbau der Autobahn jedoch eine einschneidende Veränderung. Der östliche Autobahnzubringer teilt in der Folge das Wäldchen, was zwar durch eine Erweiterung im Osten als Ausgleichsmaßnahme kompensiert wurde. Dennoch ist es seither eingeengt und durchtrennt durch die Autobahn und zudem einem permanenten Verkehrslärm ausgesetzt.

Das Wäldchen ist ein eingetragenes Gartendenkmal und liegt innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes. 2018 wurde es als Naturwaldentwicklungsfläche ausgewiesen, was bedeutet, dass er weitgehend naturbelassen und nicht forstlich genutzt wird und ökologische Vorgänge wie Wachstum, Alterung, Absterben und Zerfall von Bäumen ungestört ablaufen.

Der kleine Wald hat auch eine dunkle Vergangenheit. Von den frühen 1940er Jahren bis zum April 1945 befand sich hier ein sogenanntes Krankensammellager, betrieben von der nationalsozialistischen Organisation "Deutsche Arbeitsfront". Diese Anlage diente einem spezifischen Zweck: Hier wurden erkrankte und arbeitsunfähig gewordene Zwangsarbeiter*innen zusammengeführt, um die Rückführung in ihre Herkunftsländer vorzubereiten. Ein Großteil der unter grausigen Bedingungen festgehaltenen Menschen stammte aus osteuropäischen Ländern. Zum Ende des Krieges wurde das Lager komplett zerstört, sodass heute davon nichts mehr zu sehen ist. Da das Gelände des Lagers direkt neben der bestehenden Autobahn liegt, wäre es vom Ausbau betroffen. Es ist wahrscheinlich, dass hier getötete und begrabene Menschen dabei in ihrer Totenruhe gestört würden. Es gibt nun aktivistische Bestrebungen die Ruinen freizulegen und als Gedenkort einzurichten.

Wir kämpfen weiter!

Es gibt also dutzende gute Gründe, sich für den Schutz dieses Naturraums einzusetzen. Daher unterstützt ROBIN WOOD den Kampf gegen den Ausbau der A4! Selbst wenn das Gremberger Wäldchen vom Ausbau doch nicht betroffen sein sollte, wie die zuständige Autobahn GmbH aktuell behauptet, wird sich die Initiative weiter gegen das gesamte Ausbauprojekt engagieren. Schließlich wären auch weitere Naturräume bedroht, wie die Westhovener Aue, die auch als Trinkwasserschutzgebiet zählt.

Wir fordern: Keine zusätzlichen Autobahnkilometer, denn wer Straßen sät, wird Verkehr ernten! Stattdessen sollte deutlich mehr in den Schienenverkehr investiert werden, um eine zukunftsfähige Verkehrswende zu erreichen!

Besser mobil statt mehr Verkehr!

Geh mit uns in die Luft – für bessere Mobilität für Alle:
Werde aktiv!