Waldbrände fressen sich durch Urwälder in Brasilien

Die EUDR

Was läuft hier eigentlich?

15. Oktober 2024
Tropenwald
Fenna Otten
Tropenwaldreferentin
Blog

Anfang Oktober hatte die EU-Kommission einen Änderungsvorschlag zur EU-Verordnung gegen globale Entwaldung (EUDR) eingebracht. Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den Anwendungsstart der Verordnung um zwölf Monate verschieben. Stillstand inmitten der Klimakrise.

Das globale Klima hat die 1,5°-Marke geknackt, seit Monaten folgt ein Hitzerekord auf den nächsten, die Wälder in Südamerika brennen. Laut Berechnungen von Earthsight würde der Aufschub um ein Jahr zur Entwaldung einer Fläche in der Größe von 2.300 Quadratkilometern führen. Das würde bedeuten, dass mit jeder Minute, die die EUDR aufgeschoben wird, ein Fußballfeld Wald gerodet würde – basierend auf den Daten der EU!

Was passiert in den kommenden Wochen?

Die EUDR ist im Juni 2023 in Kraft getreten. Die Übergangsfrist für Politik und Wirtschaft sollte Ende diesen Jahres auslaufen. Palmöl, Soja, Kaffee und Co. müssten mit dem Start ins Jahr 2024 also entwaldungsfrei und legal produziert worden sein, um auf den EU-Markt zu gelangen.

Da das Datum des Anwendungsbeginns in der Verordnung jedoch eindeutig festgelegt ist, kann es auch nur im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens geändert werden. Das bedeutet, dass sowohl das EU-Parlament als auch die Mitgliedstaaten über den Vorschlag der Kommission entscheiden müssen.

Eine Entscheidung der Mitgliedsstaaten der EU kann bereits morgen, am 16. Oktober, fallen! Im Europäischen Parlament könnte der Änderungsvorschlag dann im November zur Abstimmung kommen.

Das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten können beschließen, den Vorschlag unverändert anzunehmen oder ihn in Gänze abzulehnen, haben aber auch die Möglichkeit, weitere Änderungen einzubringen, die über einen Aufschub zur Anwendung des Gesetzes hinausgehen. Das könnte bedeuten, dass auch andere wesentliche Teile des Gesetzes infrage gestellt werden.

Exkursion nach Berlin

Am vergangenen Freitag fand die Mitgliederversammlung des DNR in Berlin statt. Das Grußwort sprach Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Kurz vor Ende seiner Rede kam er auf die EUDR zu sprechen. Die Verordnung hatte es nicht in seine Aufzählung der „großen Themen“ geschafft, durfte jedoch als Beispiel herhalten, wie ein gutes Gesetz nicht kurz vor der Ziellinie auf der Strecke liegen bliebe: Richtig, die Ziellinie soll einfach nach hinten geschoben werden. Damit beim Zieleinlauf dann tatsächlich alle bereit sind für das Gesetz.

Es ist nicht das erste Mal, dass Özdemir einen Aufschub fordert. Vor wenigen Wochen erst hatte er die Kommission aufgefordert, die Anwendung der EUDR um sechs Monate zu verschieben. Gemeinsam mit anderen Umweltverbänden und entwicklungspolitischen Organisationen hatten wir das kritisiert.

Alles ein abgekartetes Spiel?

Die EU-Kommission will das Gesetz ohne weitere Änderungen aufschieben, so steht es in ihrem Änderungsvorschlag. Auch Özdemir versichert, dass Deutschland inhaltlich nicht am Gesetz rütteln will. Vielleicht wird aus der Zielgeraden aber doch ein Hürdenlauf, sollten nun weitere Änderungsanträge eingebracht werden und z. B. Bestimmungen zur Rückverfolgbarkeit oder der Achtung von Menschenrechten erneut infrage gestellt werden. Dazu hatte Özdemir sich leider nicht geäußert. Vielleicht hat Ursula von der Leyen, Kommissionspräsidentin, auch längst alles mit ihrer Fraktion abgekartet, sodass die konservative EVP (Europäische Volkspartei) keine weiteren Änderungsanträge stellt?

Worüber wir tatsächlich reden müssten

Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten ist bisher beispiellos. Doch das Gesetz ist längst nicht perfekt. Sobald es zur Anwendung kommt, kann es europäische Lieferketten entrümpeln und Rohstoffe aus Entwaldung vom EU-Markt verbannen. Damit die Verordnung jedoch nicht einfach zu Verlagerungseffekten führt, muss nachgeschärft werden: Nicht nur die Rohstoffe mit besonders hohem Entwaldungsrisiko, sondern z. B. auch Mais und Zuckerrohr sollten unter die Verordnung fallen. Nicht nur Wälder, auch andere Ökosysteme müssen geschützt werden. All das ist tatsächlich vorgesehen im Rahmen der EUDR. Die Kommission hat bereits den Auftrag, all das zu prüfen und entsprechende Gesetzgebungsvorschläge auf die Tagesordnung zu setzen – so steht es in der Verordnung – nicht aber, die Anwendung der EUDR zu verzögern!

Wir brauchen die EUDR – und wir brauchen sie jetzt!

Soja grillt Zukunft!

Unterschreibe den Protest und stoppe den tödlichen Kreislauf:
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