Ribs

Fleischfabriken umbauen: Tofu statt Bratwurst!

Corona vs. Klimaschutz Teil 4: Angesichts der Corona-Krise lässt sich das soziale und ökologische Desaster der Fleischindustrie nicht länger verdrängen

12. Mai 2020
Wald und Tierproduktion
Ute Bertrand
Blog

Die Corona-Krise wirkt wie ein Brennglas: Darunter zeigen sich die Missstände in vergrößertem Maßstab. Das gilt aktuell auch für die Fleischindustrie. Mehrere Hundert Werkvertrags-Arbeiter*innen in Schlachtbetrieben aus verschiedenen Bundesländern haben sich nachweislich mit dem Corona-Virus angesteckt. NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann (CDU) kündigte die größte Reihenuntersuchung in der Corona-Krise in Deutschland an. Allein in NRW müssten bis zu 20.000 Mitarbeiter*innen der Fleischfabriken untersucht werden.

Es ist wenig verwunderlich, dass sich das Virus unter den miserablen und beengten Zuständen in den Sammelunterkünften und an den Zerlegebändern der Fabriken verbreiten kann. Die Mega-Schlachthöfe lassen Arbeiter*innen, überwiegend aus Osteuropa, zu Billiglöhnen im Akkord schuften. Sie sind untergebracht in Massenunterkünften, für die ihnen die Miete vom wenigen Lohn direkt abgezogen wird. Die untragbaren Zustände sind seit Jahren bekannt. Erst durch die erhöhte Anzahl an Corona-infizierten Beschäftigten in den Fleischfabriken nimmt die breite Medienöffentlichkeit davon Notiz – es könnte ja wegen der Ansteckungsgefahr Auswirkungen für das Leben der Allgemeinheit haben, die wenig erfährt und ansonsten verdrängt, unter welchen Bedingungen für Mensch, Tier und Umwelt Schinken und Nackensteak produziert werden.

Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind längst nicht das einzige Desaster in der Produktionskette. Vielmehr sind die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen Bestandteil eines Systems, das ausgerichtet ist auf profitorientierte, expandierende Massenproduktion von Tieren in Mega-Ställen und Massenproduktion von Fleisch in Mega-Schlachthöfen. Die Folge sind Mega-Schäden auf allen Ebenen der Produktion: angefangen bei der Zerstörung tropischer Wälder für das Soja-Futter, über die Nitratbelastung des Wassers durch die Gülle, Waldschäden durch Ammoniak aus den Ställen bis hin zur millionenfachen Quälerei von Tieren, der Ausbeutung von Beschäftigten – und nun auch noch Corona.

In Corona-Zeiten wird einmal mehr deutlich: Wo Natur zerstört, das Klima ruiniert und Raubbau an Tieren und Pflanzen betrieben wird, schadet dies direkt und indirekt auch Menschen. Nur sehr wenige profitieren, die meisten hingegen leiden unter krank machenden Lebens- und Arbeitsbedingungen. Umweltzerstörung und soziale Ungerechtigkeit bilden eine tödliche Allianz.

Wer mal darauf achtet, auf wie vielen Fleischtheken sich vor Freude kleine Schweinchen-Figuren aus Keramik kugeln, ahnt, wie groß unser Bedürfnis nach Verdrängung ist. Die Corona-Krise macht diese Verdrängung jetzt noch schwerer.

Es gibt einfach zu viele gute Gründe, Tierproduktion und Fleischkonsum nun endlich schnell und drastisch zu reduzieren. Bio-Tofu statt Bratwurst!