Fleißig den Planeten räubern
Was die Union in ihrem Wahlprogramm unter Klimaschutz versteht
Nach aktuellen Umfragen könnte die CDU/CSU eine zentrale Rolle in der nächsten Bundesregierung spielen. Was bedeutet das für den Umwelt- und Klimaschutz? Eine kurze Analyse zeigt: Deren aktuelles Wahlprogramm verspricht, dass „Deutschland wieder nach vorne kommt“, liefert aber Rückschritt – und gefährdet unsere Zukunft.
Wirtschaft statt Wandel: Die Narrative der Union
Die CDU/CSU beschreibt die aktuelle Lage so: „Die Ampel hat in drei Jahren mit ihrem ideologischen und planwirtschaftlichen Ansatz gezeigt, wie es nicht geht. Deutschland erlebt eine tiefgreifende De-Industrialisierung.“ Ihre Schlussfolgerung? „Klimaschutz braucht eine starke Wirtschaft.“
Als Rezept für die Zukunft liefert die Union damit einen Verweis auf die Industrialisierung – ein Konzept, das in Europa seit etwa 250 Jahren bekannt ist, das zu extremer globaler Ungerechtigkeit geführt und die Welt tief in die Klimakrise getrieben hat. Ansätze für eine sozial-ökologische Transformation der mächtigen Industriezweige in Deutschland, wie sie etwa die Autoindustrie dringend benötigt, sucht man in dem Programm hingegen vergeblich.
Klagerechte abschaffen, Demokratie schwächen
Klimaschutz wird vor allem im Kontext von Klimaanpassung und Wirtschaftsförderung erwähnt. Zudem soll ein Bauboom her und neue Infrastrukturvorhaben sollen schneller vorangetrieben werden.
Umweltorganisationen sehen die Unionsparteien dabei offenbar als Hindernis und als Blockierer. So fordert das Programm plakativ unter der Überschrift „Klagemöglichkeiten und Instanzen reduzieren, Blockaden abbauen“: „Wir sind für die Abschaffung des Verbandsklagerechts bei Infrastrukturvorhaben.“
Dabei haben NGOs in der Vergangenheit zahlreiche Fehler in Genehmigungsverfahren aufgedeckt und dafür gesorgt, dass sie behoben werden.
Diese Stimmungsmache gegen die für eine lebendige Zivilgesellschaft so wichtigen Verbände wird ergänzt durch das Narrativ vom Kampf gegen den „Bürokratiewahnsinn“. Mitgeliefert wird ein Abbau von Transparenz, Partizipation und eine Schwächung der Demokratie. Die Folgen bekämen nicht nur die NGOs, sondern die Allgemeinheit zu spüren.
Wärmewende mit Holzenergie: Eine gefährliche Scheinlösung
Eine zentrales Feld für den Klimaschutz ist die Energiewende, insbesondere die Wärmewende. Das Thema Heizen wurde während der Ampel-Regierung zu einem Reizthema.
Im Wahlprogramm fällt auf, wie stark CDU/CSU das Thema Holzenergie betonen. Es wird gleich an drei Stellen erwähnt, u.a. heißt es dort: „Es geht uns darum, technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen zu fördern und zu nutzen. Dazu gehört für uns auch das Heizen mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz.“
Das ist irreführend. Tatsächlich ist das Verbrennen von Holz mindestens so klimaschädlich und je nach Verbrenner und Holzqualität weitaus emissionsreicher als das Verbrennen von Kohle. Zudem schadet es doppelt: durch klima- und gesundheitsschädliche Emissionen beim Verbrennen und durch die Schwächung ohnehin destabilisierter Wälder und Böden, ihrer Artenvielfalt, ihrer Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern und all ihrer weiteren unersetzlichen Funktionen für das Ökosystem.
Holz ist in Zeiten der Klimakrise kein immerwährend nachwachsender Rohstoff mehr. Zwei Millionen Hektar Wald sind in den Dürrejahren zwischen 2018 bis 2022 hierzulande abgestorben. Vitale Wälder, die wir so dringend als stabile CO2-Speicher benötigen, sind inzwischen zu einer Quelle von CO2 geworden. Das belegt die in diesem Jahr veröffentlichte vierte Bundeswaldinventur.
Woher soll das viele Holz für die Holzverbrennung kommen? Schon heute zeigen die Prognosen, z.B. der Projektionsbericht des Umweltbundesamtes, dass sich aus „regionaler Forstwirtschaft“ nicht genug erwirtschaften lässt und große Mengen Energieholz aus anderen Ländern importiert werden müssten. Damit wälzt Deutschland seine CO2-Schuld auf andere Länder ab, deren Wälder ebenfalls arg geschwächt sind. Weltweit gab es bereits 2020 eine Holzversorgungslücke von fünf Milliarden Kubikmetern Holz, Tendenz steigend.
Auch für Deutschland gilt: Damit sich Wälder und die darin lebende, vielfältige Tier- und Pflanzenwelt erholen können, müsste mehr Holz im Wald verbleiben, es müsste mehr wilde Wälder und weniger Holzplantagen geben. Wenn Waldholz genutzt wird, dann für langlebige Produkte und in einer Kreislaufwirtschaft, aber nicht fürs Verfeuern im großen Stil. CDU/CSU bieten eine Scheinlösung an, für die sie obendrein noch Gelder der Allgemeinheit ausgeben wollen. Eine finanzielle Förderung der Holzenergie setzt völlig falsche Anreize und konterkariert alle Anstrengungen für eine klima- und umweltverträgliche Wärmewende.
„Agenda der Fleißigen“ - Rolle rückwärts statt frischer Ideen
Auch in anderen Feldern – seien es ein völlig aus der Zeit gefallenes Zurück zur Atomenergie oder ein Zurück zum Verbrenner – stecken keine neuen Ideen, sondern alte Umwelt- und Klimakiller. Gänzlich fehlen soziale Innovationen, etwa vorhandenen Wohnraum besser zu nutzen. Ebenso fehlen Ansätze für ein Wirtschaften, das unsere Gesellschaft unabhängiger macht von ewigem Wachstum und das ohne Raubbau an unseren natürlichen Lebensgrundlagen auskommt.
Das Wahlprogramm der CDU/CSU bietet keine Antworten auf die existenziellen Herausforderungen durch Klimakrise und Artensterben. Stattdessen setzt es auf längst gescheiterte Konzepte, die kurzfristige wirtschaftliche Interessen über den Schutz der Umwelt stellen.
Was hilft eine „Agenda der Fleißigen“, die dazu animiert, fleißig den Planeten zu plündern? Notwendig wäre ein grundlegender Politikwechsel. Was die Union bietet, ist Rückschritt.