Kauf Dir was, damit es Wumms macht!
Corona vs. Klimaschutz Teil 5: Das Konjunkturpaket der Bundesregierung fördert Industrie und Konsum, nicht den Klimaschutz
Das große Corona-Konjunkturpaket ist geschnürt: 130 Milliarden Euro öffentliche Gelder, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu kriegen. Die Botschaft an die breite Masse, an uns alle: Greift zu! Kommt wieder in Kauflaune! Die Mehrwertsteuer wird abgesenkt, und die Politik baut darauf, dass die Industrie dies auch an die Kund*innen weiterreicht. Also ab in die Geschäfte, ran an die Wühltische und konsumieren – zum Wohle nicht nur der Wirtschaft, sondern der Allgemeinheit.
Ab Anfang Juli bis Jahresende, so das Versprechen, gibt‘s Corona-Steuerrabatt – auch beim Kauf neuer Autos, selbst solcher mit Verbrennermotor; je teurer der Neuwagen, desto mehr geben wir alle als Geschenk oben drauf. Und trotzdem kritisiert der frühere Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der Außenlinie noch die SPD-Spitze, weil sie keine Auto-Kaufprämie durchgesetzt hat.
Klimaschutz? In der Krise zählt nur eins: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Produktion und Konsum müssen angekurbelt werden, koste es, was es wolle. Auch vermeintlich grünes Wachstum darf es sein. Dafür gibt es eine doppelt so hohe Förderung für den Kauf von neuen E-Autos: statt 3.000 Euro eine staatliche Kaufprämie von 6.000 Euro für ein E-Auto mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro. Und auch der Kauf von Fahrzeugen mit Hybridantrieb wird noch stärker als bisher gefördert.
Was Produktion und Konsum nicht steigert, war hingegen von vornherein in dem Paket nicht vorgesehen: Sorgearbeit für ältere und kranke Menschen etwa, die während der Pandemie doch gerade noch als „systemrelevant“ aufgewertet worden war.
Als hätte es nie einen Diskurs über die Grenzen des Wachstums, über Degrowth und Rebound-Effekte gegeben, reagiert die Bundesregierung in der Krise mit einem „Weiter-so“. Das klingt so modern wie in den 1950ziger Jahren, in denen nach den Verheerungen des Weltkriegs ein neues "Wirtschaftswunder" beschworen wurde. Jetzt sind Produktion und Konsum auf einem ungleich höheren Niveau als damals, aber es gilt noch immer die Devise: höher, schneller, weiter... und immer, immer mehr.
Was ist, wenn wir nicht mitspielen, und es nicht als erste Bürger*innenpflicht begreifen zu konsumieren? Wenn wir der vielen Werbebotschaften überdrüssig geworden sind und auf Durchzug schalten? Wenn wir in den Läden und Autohäusern lassen, was wir nicht brauchen, kaputte Dinge reparieren und verschenken, was uns zuhause die Schränke verstopft?
Das wäre ein kleiner, feiner Beitrag. Klimaschutz und Klimagerechtigkeit erfordern aber – über das Engagement Einzelner hinaus – einen Umbau des Wirtschafts- und Finanzsystems, die sozial-ökologische Transformation. Damit menschliche Solidarität und der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen belohnt werden und ein Ausstieg aus den Wachstumszwängen überhaupt möglich wird. Sonst rührt der "Wumms", den Finanzminister Olaf Scholz beim Anpreisen seiner Konjunkturmaßnahmen verspricht, vom nächsten Antarktis-Gletscher, der wegen der Erderwärmung ins Meer kracht.
Eine bessere Prävention von Krisen wurde wegen Corona gefordert. Von einer Prävention der Klimakatastrophe hat uns das Milliarden-Konjunkturpaket weiter entfernt.