Immer mehr Palmöl im Tank

22. September 2020
Tropenwald
Fenna Otten
Tropenwaldreferentin
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#NotInMyTank: Gemeinsame Kampagne von ROBIN WOOD und DUH
Fenna Otten
Magazin

Palmöl wird nicht nur als Nahrungsmittel und für Kosmetika genutzt, sondern auch in immer größerem Maße für Agrotreibstoffe. Die damit einhergehende Ausdehnung von Ölpalmplantagen vor allem in Südostasien ist oftmals mit Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Landkonflikten verbunden.

Tatsächlich ist die rasant steigende Nachfrage der EU nach Palmöl fast ausschließlich auf den Verkehrssektor zurückzuführen. Die neuen Zahlen zeigen, dass mittlerweile mehr als die Hälfte (53 Prozent) des in die EU importierten Palmöls nicht im Supermarkt landet, sondern in Autotanks. Neben Palmöl wird vor allem Raps-, Altspeise- und Sojaöl für die Produktion von Agrosprit verwendet.
Der Verkehrssektor ist für mehr als ein Viertel der gesamten Treibhausgas­emissionen in Europa verantwortlich – mit steigender Tendenz. In Deutschland emittiert der Verkehr heute sogar mehr Treibhausgase als vor 30 Jahren. In den letzten zehn Jahren, d.h. seit der Förderung Erneuerbarer Energien im Verkehrswesen durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, ist die Verwendung von Pflanzenölen in Agrodiesel um fast 50 Prozent gestiegen.

Indirekte Änderung der Landnutzung für Biosprit

Mit dem „grünen“ Agrosprit sollte ursprünglich die Klimabilanz des Verkehrssektors verbessert werden. Die Beimischung von Pflanzenölen, wie zum Beispiel Raps, sollte die Treibhausgasemissionen senken. Jedoch ist ein gegenteiliger Effekt eingetreten. Im Durchschnitt emittiert Agrodiesel auf der Basis von Pflanzen mindestens 80 Prozent mehr Treibhausgase als fossiler Diesel, denn die immer größeren Anbauflächen für Ölpalmen verursachen hohe Mehremissionen durch direkte und indirekte Landnutzungsänderungen (Indirect Land Use Change: ILUC). Die Umwandlung von Wald, Weideland oder Moorflächen in Ackerland und Plantagen führt dazu, dass deutlich mehr Kohlendioxid freigesetzt wird, als später durch die vermeintlichen Biokraftstoffe einge­spart wird. Außerdem gehen durch die Umwandlung artenreiche Ökosysteme verloren.
Deshalb wird die Förderung von Palmöl­kraftstoffen in der EU von 2024 bis 2030 wieder abgeschafft. Nach Palmöl ist Soja der Rohstoff mit dem deutlichsten Zusammenhang zu Waldverlust, jedoch hat die Europäische Kommission beschlossen, dass für Soja kein „hohes ILUC-Risiko” besteht und dementsprechend weiter gefördert werden kann.

Fast die Hälfte (49 %) des in die EU importierten Palmöls stammt aus Indonesien, insgesamt mehr als 80 Prozent werden in Südostasien angebaut. Zwar konnten die Anbauländer in den vergangenen Jahrzehnten ein signifikantes wirtschaftliches Wachstum verzeichnen, von dem auch viele Kleinbäuer*innen profitierten, allerdings haben gleichzeitig viele Menschen ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage verloren. Riesige Konzessionen wurden vom Staat an Unternehmen vergeben, Landrechte der lokalen Bevölkerung dabei aber oftmals ignoriert.

Angeblich Altspeiseöl

In Deutschland zeigt sich ein besonderer Trend: Während der Verbrauch von Palmöl im Diesel um die 200.000 Tonnen-Marke schwankt und der Anteil von Rapsöl seit 2009 abnimmt, ist die Verwendung von Altspeiseöl rapide von 80.000 Tonnen auf mehr als eine Million Tonnen gestiegen. Altspeiseöl kann laut Erneuerbare-Energien-Richtlinie doppelt auf die Klimabilanz angerechnet werden, denn es gehört zu den sogenannten „fortschrittlichen Bio-Kraftstoff-Rohstoffen“. Eine Nachhaltigkeitszertifizierung ist nicht nötig. Das macht die Verwendung besonders attraktiv. Doch genau da liegt das Problem. Der Markt für Altspeiseöl in Kraftstoffen ist so lukrativ geworden, dass es sich finanziell lohnt, neues Palmöl fälschlich als Altspeiseöl zu deklarieren und zu verkaufen.

So erreicht Palmöl aus Regenwaldrodungen – eigentlich aus der Agrokraftstoffförderung ausgeschlossen – auf Umwegen wieder den EU-Markt. Einen Überblick, aus welchen Quellen genau die mehr als eine Million Tonnen angebliches Altspeiseöl stammen, hat die EU-Kommission laut eigenen Angaben nicht. Es braucht also robuste Nachhaltigkeitskriterien auch für Altspeiseöl. Die Lieferketten müssen transparent und gesichert entwaldungsfrei sein, ansonsten ist ihre zweifache Anrechnung auf die Klimabilanz eine reine Farce.

#NotInMyTank

Anfang Juli dieses Jahres haben ROBIN WOOD und die Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Kampagne #NotInMyTank in Deutschland angestoßen. Zusammen mit einer europaweiten Koalition von Umweltschutzorganisationen drängen wir darauf, die Förderung von Palm- und Sojakraftstoffen in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Italien zu beenden. Denn die Mitgliedstaaten der EU sind berechtigt, die Förderung für Agrokraftstoffe sowohl auf Palmöl- als auch auf Sojaölbasis bereits 2021 zu reduzieren oder komplett einzustellen. ROBIN WOOD und die DUH fordern ein schnelles und vollständiges Ende von Agrokraftstoffen in Deutschland.

Irreführender Begriff Bio-Kraftstoff

Der Einsatz von Agrokraftstoffen basiert auf der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU von 2009. Das Ziel war, durch die Förderung von Kraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen, wie z.B. Raps, die Treibhausgasemissionen im Verkehr zu senken. Im allgemeinen Sprachgebrauch haben sich deshalb die Begriffe „Bio-Kraftstoff“ oder auch „Bio-Diesel“ eingebürgert. Das ist jedoch irreführend, da die Begriffe einen positiven Effekt auf Natur und Mensch suggerieren.

Bildungsmaterial von ROBIN WOOD zum Thema

Aktiv und eigenverantwortlich Lebensgrundlagen erhalten – das kann jede*r lernen und damit Umweltwissen direkt in die Tat umsetzen. ROBIN WOOD hat ein CD und eine DVD zum Thema für Pädagog*innen und interessierte Menschen entwickelt, die eigenständig Unterrichtseinheiten und Informationsveranstaltungen durchführen und mehr tun möchten, ohne zeitaufwendige Recherchen und Überlegungen zur Umsetzung durchführen zu müssen.

  • DVD „Leben statt Lifestyle: Palmöl in Biodiesel, Kosmetika und Co.“
  • CD „Indonesien – Unser Papier frisst Regenwald“

Die CD und DVD können Sie für je 5,00 € zzgl. Versand bestellen unter: info [at] robinwood.de, 040/380892-0.