Rumäniens Wälder in Gefahr

Illegale Fällungen und Kahlschläge

21. Februar 2019
Wald
Jana Ballenthien
Waldreferentin
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Die Wälder Rumäniens sind überwältigend artenreich und schwinden weiter
Euronatur/Janinka Lutze
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Nur noch 27 Prozent der Landfläche Rumäniens sind mit Wäldern bedeckt
Euronatur/Janinka Lutze
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Boia Mica im Faragas-Gebirge ist einer der abgelegensten und ursprünglichsten Wälder Europas. Wissenschaftler*innen fanden Bäume, die mehr als 400 Jahre alt sind. Aber auch hier droht der Holzeinschlag.
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Magazin

Wer sich über rumänische Wälder schlau machen möchte, kommt nicht darum herum, genauso viel über ihre Gefährdung zu erfahren. Illegale Fällungen und Kahlschläge sind immer und überall Thema: ob auf Waldwirtschaftsflächen oder sogar in Nationalparks und Natura2000-Gebieten, ob zu Anfang des Jahrtausends oder in der Gegenwart. Ein Skandal jagt den nächsten, Korruption inklusive. Es ist ein tragischer Dauerbrenner der Waldpolitik und Waldwirtschaft.

Dabei hat Rumänien im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedstaaten weniger Wald: 2015 waren 27 Prozent der rumänischen Landesfläche von Wald bedeckt, im europäischen Schnitt sind es 42 Prozent. Doch diese wenigen Wälder in Rumänien sind überwältigend artenreich und schwinden weiter. Unter ihnen sind einige der letzten seit der Eiszeit fast unberührten Urwälder Europas.

Hier und da gibt es tatsächlich hoffnungsvolle Geschehnisse auf dem Weg zu mehr Waldschutz. Zum Beispiel unterschrieben Anfang 2016 staatliche Vertreter*innen, Umweltverbände, Wissenschaftler*innen, Unternehmen und Journalist*innen eine gemeinsame Deklaration, in der sich um schärfere Gesetze und ein neues Management bemüht wird, die den illegalen Einschlag unterbinden sollten. Passiert ist nicht viel. Dennoch gab es auch Lichtblicke: Über eine App konnte jede Person mit einem Smartphone überprüfen, ob Holzeinschläge offizielle Genehmigungen hatten. Wenn nicht, konnten sie gemeldet werden. Die App läuft nun nicht mehr. Warum ist unklar.

Weltweiter Hunger nach dem Rohstoff Holz wächst

Klar ist, dass sich mit Holz gutes Geld verdienen lässt – ob legal oder illegal. Der weltweite Hunger nach dem Rohstoff Holz wächst und das hat Rumänien, eines der ärmsten Länder der EU, erkannt. Der Forstverwaltung Romsilva, die eigentlich der illegalen Rodung Einhalt gebieten soll, schlägt großes Misstrauen entgegen. Die staatlichen Akteure seien ebenso korrupt wie die Holzwirtschaft. Das Gewirr an unterschiedlichen Akteuren ist groß und für Schuldzuweisungen oder entlastende Beschwichtigungen werden immer jeweils die anderen herangezogen.

Da ist die Forstverwaltung, die ein staatlich kontrolliertes GPS-Tracking eingeführt hat. Das sollte eigentlich das illegale Fällen ausschließen. Auf die GPS-gestützte Nachverfolgung ihres Holzes durch den Staat berufen sich auch die großen Firmen „Holzindustrie Schweighofer“ und „Kronospan“, um sich gegen den Vorwurf, illegal geschlagene Bäume zu verarbeiten, zu wehren. Schweighofer verlor trotzdem im Frühjahr 2017 sein FSC-Zertifikat, das ihm zuvor Nachhaltigkeit attestierte.
Dass riesige Mengen Holz in Schutzgebieten geschlagen werden, ist ein Fakt, der nicht ignoriert werden kann. Wer sind die Abnehmer? Wo genau werden die GPS-Sender installiert: Bereits im Wald oder erst am ersten Verladelager? Offene Fragen, auf die es schwierig ist, eindeutige Antworten zu recherchieren.

Das Tappen im Dunkeln setzt sich fort mit dem Fakt, dass die Forstverwaltung kein Interesse daran hat, ihre Managementpläne zu veröffentlichen. Mit diesen Dokumenten wäre der Nachweis, dass in Rumänien die EU-Naturschutzrichtlinien nicht eingehalten werden, deutlich einfacher zu erbringen, so die Aussage der Stiftung EuroNatur, die sich mit ihrer rumänischen Partnerorganisation AgentGreen für den Schutz der rumänischen Wälder einsetzt. Die Organisationen wollen erreichen, dass Rumänien als EU-Mitgliedsstaat zur Rechenschaft gezogen wird und die EU-Umweltrichtlinien endlich einhält.
An den Enden der Produktionskette sind weitere Akteure involviert. Zum einen die unzähligen kleinen Firmen, die die Fällungen vornehmen, sowie die Menschen in den Forstbetrieben und in der Nationalparkverwaltung vor Ort. Allzu oft haben diese merkwürdige Argumentationen parat, wenn sie fällend in Nationalparks angetroffen werden: „Oh, die Brandschneise ist zu breit? Ja, sorry, da haben wir uns vermessen“. „Hier fällen wir wegen Borkenkäferbefall. Ach, der ist in diesem Laubmischwald kein Problem? Wir sollen aber hier fällen.“ „Dieser 350 Jahre alte Baum nahm den jungen Bäumen das Licht weg.“ „Hier machen wir nur einen Pflegeeinsatz nach einem Windwurf.“  So oder so ähnlich lauten die Ausreden. Meist werden sie von den lokalen Akteuren, aber auch von der Forstverwaltung selbst formuliert.

Baumärkte in der Kritik

Die Akteure in Deutschland sind u.a. Baumärkte. Die Baumarktkette Hornbach beispielsweise war einige Jahre im Fokus der Kritik, denn sie legte zwar Wert auf FSC-zertifizierte Hölzer, bezog aber von Schweighofer in Rumänien geschlagenes Holz und hätte wissen müssen, dass Schweighofer illegales Fällen vorgeworfen wird. Als Schweighofer im Begriff war, das Zertifikat zu verlieren, reduzierte Hornbach zwar seine Handelsbeziehungen mit Schweighofer um 90 Prozent, doch bis vor kurzem wurden immer wieder Hölzer von Schweighofer in den Regalen Hornbachs gefunden. Restbestände seien das. Wie lange diese wohl noch reichen, fragen wir uns. Noch einfacher ist der Weg aus dem Wald in den Ofen. Als Feuerholz enden die meisten der Bäume. Undokumentiert und sehr lukrativ.

Das ewige, tragische Spiel geht beständig weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht. Den letzten Akt stellt momentan die EU-Ratspräsidentschaft Rumäniens dar. Während die Medien über die allgemeine Korruption in Rumänien häufig berichten, erwähnen sie selten, wie korrupt die rumänische Holzwirtschaft ist.

ROBIN WOOD wird die mediale Aufmerksamkeit zu Rumäniens EU-Ratspräsidentschaft nutzen und dieses Jahr eine Kampagne zum Erhalt der rumänischen Wälder starten. Wir halten Sie auf unserer Website und hier im Magazin auf dem Laufenden!