EU-Taxonomie – Umweltbündnis verklagt EU-Kommission
Regelungen zu Biomasse- und Forstwirtschaft sollen nicht in die Taxonomie für nachhaltige Finanzen aufgenommen werden
Eine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen aus der gesamten EU, darunter auch ROBIN WOOD, hat eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eingereicht, um die Aufnahme von Bioenergie- und Forstwirtschaftsprojekten in die Taxonomie für nachhaltige Finanzen zu verhindern.
Clementine Baldon, eine der Mitverfasser*innen der Klage, sagt: „Indem die Kommission umweltschädliche und zerstörerische Tätigkeiten als nachhaltig einstuft, lenkt sie so genannte ‚nachhaltige Investitionen’ auf Tätigkeiten, die der Umwelt immensen Schaden zufügen. Wir fordern das Gericht daher auf, die Weigerung der EU-Kommission, ihre Entscheidung, diese Tätigkeiten als nachhaltig einzustufen zu überprüfen und für nichtig zu erklären."
Die Taxonomie, die weithin dafür kritisiert wurde, dass sie Atomkraft und Erdgas als nachhaltige Investitionen einschließt, umfasst auch Projekte, die den Holzeinschlag und die Verbrennung von Waldholz beschleunigen, obwohl diese Projekte schädliche Auswirkungen auf Ökosysteme und das Klima haben. In der Klage wird argumentiert, dass die Qualifizierungskriterien für Forstwirtschafts- und Bioenergieprojekte gegen grundlegende rechtliche Verpflichtungen aus dem primären EU-Recht sowie gegen wichtige Verpflichtungen aus der Taxonomie-Verordnung verstoßen, da sie nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, den Klimawandel nicht eindämmen und der Umwelt erheblichen Schaden zufügen.
„Die Europäische Kommission hat es versäumt, eine wissenschaftliche Grundlage für die Forst- und Bioenergiekriterien vorzulegen, wodurch die Wälder und das Klima gefährdet werden", sagt Elsie Blackshaw-Crosby vom Lifescape Project, das den Fall juristisch unterstützt hat. „Die Taxonomie-Kriterien sind nicht nur falsch, sie sind rechtswidrig, und wir fordern das Gericht auf, sie aufzuheben."
Die Nichtigkeitsklage folgt auf einen Überprüfungsantrag der Nichtregierungsorganisationen vom Februar 2022, in dem die EU-Kommission aufgefordert wurde, ihre Kriterien für Waldbiomasse und forstwirtschaftliche Projekte zu überdenken und zu überarbeiten. Die EU-Kommission lehnte die Möglichkeit einer Überprüfung ab, was zur Einreichung der Klage führte. Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth hat eine ähnliche Klage gegen die Bioenergie-Kriterien der Taxonomie sowie gegen die Kriterien für organische Chemikalien eingereicht.
Ein aktueller Bericht der New York Times zeigt den illegalen Holzeinschlag zur Energiegewinnung aus Waldbiomasse in einigen der letzten alten Wälder der EU auf.
Nichtregierungsorganisationen haben die Einstufung der Verbrennung von Waldbiomasse als erneuerbare Energie durch die EU scharf kritisiert, da sie die Waldzerstörung vorantreibt und die CO2-Emissionen erhöht. Eine Kampagne, die sich für den Ausschluss von Energie aus Waldbiomasse im Rahmen der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien (RED) einsetzt, wurde von mehr als 110 Nichtregierungsorganisationen unterstützt.
Die Taxonomie-Standards für Bioenergieprojekte sind im Wesentlichen dieselben wie die Kriterien der RED, die sogar von der EU-Kommission als reformbedürftig bezeichnet wurden.
„Die EU-Kommission darf sich nicht den Interessen der Forst- und Energielobby beugen. Sie muss dafür sorgen, dass es keinerlei finanzielle Anreize für das industrielle Verheizen unserer Wälder gibt. Wer Wälder zerstört, zerstört unsere wichtigste natürliche CO2-Senke und einen Quell der Artenvielfalt“, sagt Jana Ballenthien, Waldreferentin von ROBIN WOOD.
Die Klage wird von Clementine Baldon von Baldon Advocats geleitet, die auch die Federführung bei der Abfassung des Abschnitts über Bioenergie hatte. Peter Lockley und Ben Mitchell von 11KBW waren federführend bei der Abfassung des forstwirtschaftlichen Teils. Die Forest Litigation Collaborative (FLC), eine Zusammenarbeit zwischen dem Lifescape Project und der Partnership for Policy Integrity, unterstützte mit wissenschaftlichem und rechtlichem Input.
Folgende Nichtregierungsorganisationen hatten die Beschwerde eingereicht: Save Estonia's Forests, ROBIN WOOD (Deutschland), Clean Air Committee (Niederlande), Workshop for All Beings (Polen), ZERO (Portugal), 2Celsius (Rumänien) und Protect the Forest (Schweden). Weitere 50 NRO unterzeichneten einen offenen Brief an die EU-Kommission, in dem sie ihre Unterstützung für die Überprüfung und Anfechtung erklärten.
Kontakte für Rückfragen:
- ROBIN WOOD: Jana Ballenthien, wald [at] robinwood.de, Tel. +49 (0)40 380 892 11, Ute Bertrand, presse [at] robinwood.de, mobil +49 (0)171 8359515
- Partnership for Policy Integrity (Zeitzone US-Ostküste): Joel Wool, jwool [at] pfpi.net, WhatsApp +1 978 697 0361; Mary Booth, mbooth [at] pfpi.net, WhatsApp +1 413 404 6324
- The Lifescape Project (Zeitzone Großbritannien): Elsie Blackshaw-Crosby, elsie.blackshaw [at] lifescapeproject.org, mobil +44 7510086851