Holz statt Kohle? Klimaschwindel bei der Energiewende nicht fördern!

Ein Projekt zur Verfeuerung von Holz aus Namibia in Kraftwerken in Deutschland allen voran im Hamburger Kraftwerk Tiefstack stößt auf scharfe Kritik. In einem offenen Brief wenden sich heute 40 deutsche und internationale umwelt-, entwicklungs- und stadtpolitische Organisationen, Akteur*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung und Wissenschaftler*innen an Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, in dessen Auftrag die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das ProjektNutzung von Busch-Biomasse“ in Namibia durchführt. Sie legen dar, dass das Vorhaben zu Klimaschäden und Arbeitsplatzabbau führt, neokolonialem Denken verhaftet ist und Ungerechtigkeit sowohl global als auch in Namibia verschärft. Der Minister müsse daher das Projekt grundsätzlich auf den Prüfstand stellen.

Die GIZ propagiert die industrielle Abholzung auf einer Fläche von 30 Millionen Hektar in Namibia – eine Größe, die der Landesfläche Italiens entspricht. In neu zu errichtenden Biomasse-Industrieparks sollen aus dem Buschholz Pellets bzw. Hackschnitzel produziert und in Industrieländer wie Deutschland exportiert werden, um sie etwa im Hamburger Heizkraftwerk Tiefstack zu verfeuern.

Durch einen legalen Bilanzierungstrick würde die Holzverbrennung in Deutschland als CO2-neutral deklariert. Die neugefasste EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien (REDII) definiert das Verfeuern von Holz als erneuerbare Energiequelle und zielt darauf ab, dass die Mitgliedsstaaten mehr Energie durch die angeblich kohlenstoffneutrale Holzverbrennung gewinnen.

„Auf dem Papier käme Deutschland seinen Klimazielen näher, in der Realität würde die Klimakrise – auch nach dem Kohleausstieg – weiter angeheizt. Eine fatale Fehlentwicklung, die gestoppt werden muss!“, fordert Jana Ballenthien, Waldreferentin bei ROBIN WOOD.

Holz zu verbrennen, setzt pro Energieeinheit mehr CO2 frei als die Verbrennung von Kohle. Durch die Holzernte ginge in Namibia zudem eine für den Klimaschutz wertvolle Kohlenstoffsenke verloren. Auf den Flächen soll die Rinderproduktion intensiviert werden – mit weiteren Folgeschäden für Klima und Artenvielfalt. Zu befürchten sind obendrein tiefgreifende ökologische Schäden durch die Holzernte vor Ort.

In Hamburg würden die Menschen die Klima- und Biodiversitätskrise mit dem Heizen ihrer Wohnzimmer ungewollt verschärfen – entgegen den Zielen des erfolgreich durchgesetzten Volksentscheids zum Rückkauf der Hamburger Energienetze.

Von einer „Partnerschaft“ mit Namibia, wie sie die Hamburger Umweltbehörde beschwört, kann bei dem beabsichtigten Holz-Import auch keine Rede sein. Eine Entwicklungszusammenarbeit mit Namibia, die auf die Produktion von Rohstoffen für die Industrieländer und die Steigerung der Renditechancen vermeintlich "grünen" Kapitals abzielt, verstärkt in negativer historischer Tradition neokoloniale Muster. Das GIZ-Vorhaben ist ausgerechnet in der Region geplant, in der während der deutschen Kolonialherrschaft der Genozid an 75.000 OvaHerero und Nama stattfand.

„Deutsche Entwicklungshilfegelder dürfen nicht dazu beitragen, die Klima- und Biodiversitätskrise weiter zu befeuern“, fordern die Unterzeichner*innen des offenen Briefes an Bundesminister Gerd Müller und stellen fest: „Die energetische Nutzung von Biomasse aus dem globalen Süden droht die globale Klima- und Biodiversitätskrise deutlich zu verschärfen. Sie kann deswegen nicht Teil einer nachhaltigen Energiewende in Europa sein.“

„Herr Müller, ziehen Sie jetzt die Reißleine und sorgen Sie dafür, dass wertvolle Ökosysteme nicht verfeuert werden!“, sagt Ballenthien. „Das wäre wirksamer Klimaschutz und hätte Signalwirkung auch für andere europäische Mitgliedstaaten.“

Kontakt:

  • Jana Ballenthien, Waldreferentin, Tel. 040 38089211, wald [at] robinwood.de
  • Ute Bertrand, Pressesprecherin, Tel. 0171 835 95 15, presse [at] robinwood.de